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Donnerstag, April 25, 2024

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Ich bau mir ein Netz. So wie die Großen.

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Die Telekom tut es. Vodafone will es auch: ein ORAN – ein offenes Radio Access Network – betreiben. Was ist das Besondere daran? Kann das jeder? Und warum sollte er?

5G für alle!

Laut einer Studie von VIAVI – Anbieter von Netzwerktest-, Überwachungs- und Sicherungslösungen für Kommunikationsdienstleister, Unternehmen, Netzausrüster, Behörden u. a. – ist der 5G-Mobilfunkstandard bereits in 1.336 Städten in 61 Ländern verfügbar. VIAVI hat die Ergebnisse seiner Studie in einer Infografik zusammengefasst. Deutschland hat es immerhin auf Platz 11 geschafft.

Warum ist das wichtig?

Eine ständig wachsende Anzahl Geräte und Dienste verlangen nach mehr Bandbreite, mehr Reichweite, geringerer Latenz und stabileren Netzen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob wir privat streamen oder über das Internet telefonieren, der Arbeitsplatz nach Hause (oder an den Strand) verlegt wird, Autos miteinander kommunizieren oder Maschinen angesteuert werden sollen.


Info Mobilfunkstandards

4G

Je nach Frequenz beträgt die Reichweite in LTE-Netzen (4G) zwischen 2 und 15 Kilometer. Je geringer die Frequenz, desto höher die Reichweite. Allerdings wirkt sich das negativ auf die Bandbreite aus: Mobilfunk ist ein shared Medium. Je höher die Frequenz, desto mehr Bandbreite bleibt für den Einzelnen. Daher wird in Städten meist mit Frequenzen von 2.100 MHz oder 2.600 MHz gesendet; das Land muss sich mit 800 MHz begnügen. Dort leben ja auch viel weniger Menschen.

5G

Theoretisch erreicht auch 5G eine Reichweite von 15-20 km. Der Standard unterstützt 700 MHz sowie 2,1 und 3,6 GHz. Auch hier hat die Landbevölkerung wieder den großen Joker gezogen. Das 700-MHz-Band reicht weit. Von den möglichen 10 Gbps werden dabei jedoch nur 200-300 Mbps erreicht.

Es gibt noch einen zweiten Frequenzbereich oberhalb 24 GHz. Das bringt uns aber für diesen Artikel nicht weiter. Wer mehr darüber wissen will, kann das bei ENQT nachlesen. Wikipedia weiß es auch.


5G verbindet jeden und alles miteinander: Menschen, Maschinen und Objekte. 5G verspricht noch höhere Kapazität, Übertragungsgeschwindigkeit und Verfügbarkeit, eine extrem niedrige Latenz – und wenig Reichweite (jedenfalls, wenn es Spaß machen soll). Der Fluch ist gleichzeitig ein Segen: 5G eignet sich ebenfalls hervorragend für Campusnetze, regionale Service-Provider oder das industrielle Internet der Dinge (IoT).

In diesem Artikel gehen wir auf den Aufbau (Topologie) und Betrieb (Management, Orchestrierung, etc.) eines eigenen Netzes ein und sagen Dir, was Du dafür brauchst. Dabei ist es völlig egal, ob Du als Unternehmen ein Campusnetz aufbauen bzw. als Service Provider Deine Region mit eigenem Internet versorgen willst oder die Telekom bist.

Was hat ORAN, was Cisco & Co nicht haben

Mit jedem neuen Übertragungsstandard müssen Netze aufgerüstet, ausgebaut und neu geplant werden. Das ist aufwendig und teuer. Es werden nicht nur neue Netzwerkkomponenten benötigt, sondern meist auch viel mehr davon. Und das auch noch in immer kürzerem Zeitraum, weil die Investitionszyklen immer kürzer werden: 2G wurde 1992 eingeführt, 3G kam 2004, 4G startete in der Bundesrepublik 2011. Seit 2019 steht 5G in den Startlöchern und Deutschland plant ab 2025 schon mit 6G.

Einmal Cisco, immer Cisco Oder? ODER?!

Klassische Chassis-basierte Architektur (Quelle IP Infusion)

Hersteller traditioneller Infrastruktur wie Cisco, Juniper oder Ericsson lassen sich Upgrades ihres Netzwerkequipments gut bezahlen. Die Betriebssysteme der Platzhirsche sind geschlossen und auf eigenes Silizium hingetrimmt. Mehr Bandbreite bedeutet mehr Line Cards und nicht selten auch einen größeren Hobel.

Pseudo-Open-Source-Angebote wie Cumulus auf Mellanox-Switchen sind auch nur der verzweifelte Versuch, weiter die eigene Hardware unters Volk zu bringen.

Das jedoch wird immer schwieriger. Historisch gewachsene Strukturen, immer schnellere Technologiewechsel oder Mergers & Acquisitions (M&A) sorgen für einen immer bunteren Haufen an Netzwerktechnik in Unternehmen bzw. bei Carriern und Providern. Wirtschaftlich völlig unvertretbar ist da der Glaube mancher Hersteller, nach einer ohnehin schon teuren Übernahme auch noch die im Kaufpreis enthaltenen Assets sofort gegen was anderes/neues ersetzen zu wollen.

In einer zunehmend mobilen Welt werden auch die Basisstationen zum Problemfall. Diesen Markt dominieren Huawei, Ericsson und Nokia. Eine immer rasanter verlaufende Evolution der Standards, die von Anwendern und Anwendungen geforderte Skalierung der Netzinfrastruktur und zunehmende Sensibilität bei den Entgelten zwingen die Betreiber von Netzinfrastruktur geradezu, neue Wege zu gehen – weg von proprietären Produkten. Da kann die Sprecherin für Europapolitik der Grünen, Franziska Brantner, auch noch so sehr beklagen, das würde neue Abhängigkeiten von der USA schaffen. So lange Europa eine Technologieführerschaft immer nur fordert, aber keine eigenen wettbewerbsfähigen Lösungen auf den Markt bringt, ist das eben so.

Software-definierte Ansätze wie Open RAN (ORAN) setzen auf Open-Source-Software und standardisierte Schnittstellen. Damit erlauben sie nicht nur den Betrieb heterogener Infrastrukturen. Auch auf proprietäre Hard- und Software der Ausrüster kann verzichtet werden. Es wird von Haus aus eine breitere Palette an Switch- und Router-ASICs unterstützt. Herkömmliche Lizenzmodelle sind passé. Das ist nicht nur vor dem Hintergrund Investitionsschutz von Vorteil. Es vermeidet vor allem die bisher vorherrschenden Vendor-Lock-ins.

Möglich machen das unabhängige, offene Netzwerkbetriebssysteme wie OcNOS von IP Infusion. Solche einheitlichen Netzwerkbetriebssysteme ermöglichen Switching und Routing sowohl im eigenen Rechenzentrum als auch in der public Cloud. Netzwerkinfrastruktur kann als Cloudservice betrieben, Netzwerkelemente virtualisiert sowie White-Box-Hardware verwendet werden. Rik Ferguson von Trend Micro hat die Unterschiede im September 2021 auf der Qubit Konferenz in Prag sehr übersichtlich auf einem Slide zusammengefasst:

Zwar geht es hier vordergründig um die Absicherung der Netze. Dennoch zeigt die Grafik sehr schön die Unterschiede in der zu Grunde liegenden Architektur (Quelle Trend Micro)

Die komplette Netzwerkintelligenz in ein von der Hardware unabhängiges Software-Layer zu abstrahieren hat weitere Vorteile. Es gibt keine Limits für Routingtables mehr und überlaufende Caches gehören theoretisch der Vergangenheit an. Auch die Interoperabilität zwischen unterschiedlichen Providern läßt sich mit dem Software-basierten Ansatz verbessern. Das kann von Vorteil sein, wenn man Netze temporär oder zweckgebunden zusammenschalten bzw. ad-hoc-Netze bauen muss. Ich habe beides schon erlebt, zwar vorrangig im militärischen aber auch schon im zivilen Bereich.

Im Rahmen des Networking Field Day 25 (NFD25) haben Arrcus, IP Infusion und Nokia demonstriert, wie das funktionieren kann. In diesem Artikel konzentrieren wir uns auf IP Infusion.

Eine Hand voll Hardware

Natürlich benötigen auch virtuelle und Cloud-Netze irgendwo ein paar Trümmer Hardware. Nicht alles ist kabellos oder virtuell und auch die zu bewegenden Pakete müssen sich an irgendwas orientieren oder entlang hangeln können. Beginnen wir also mit einem typischen Netzaufbau:

Beispiel Topologie RAN-Netzwerk
Beispiel Topologie RAN-Netzwerk

Traditionell besteht Telekommunikationsinfrastruktur aus großem – und teurem – Blech. Nicht in unserem Fall. Eine gute Anlaufstelle ist zum Beispiel Supermicro. Die 5G- und Edge-Server basieren auf offenen Standards und Schnittstellen, sind wartungsarm, NEBS Level 3 compliant (Edge- und RAN-Equipment) und kommen je nach Einsatzort im ruggedized IP65-Gehäuse. Wer es europäischer und noch offener mag, sollte sich 2CRSI anschauen. Die Franzosen haben sich bei ihren Edge- und Hyperscaler-Servern vom Open Compute Project inspirieren lassen. Ebenfalls eine sichere Bank sind die Server und Edge-Gateways von Dell. Scale Computing bietet eine moderne Plattform für HCI mit eigener Edge-Serie. Switches finden sich ebenfalls bei Dell und Supermicro. Leistungsfähige Edge-Router haben Delta oder MikroTik im Programm.

Auch braucht es nach wie vor etwas Kupfer bzw. Glas. Auf deinem Campus kannst du selber buddeln. Alle anderen benötigten Leitungen mietest du bei einem Carrier deiner Wahl. Der sorgt in der Regel auch für die notwendigen Interconnects mit anderen Carriern und Providern oder CDNs. Wenn du selbst Peeren willst, wendest du dich an den DE-CIX. Wenn du in Berlin ein Netz betreiben möchtest, ist der BCIX deine erste Wahl. Alternativ ist man auch bei Megaport gut aufgehoben. Wenn du nicht weißt, was Peering ist, dann lass die Finger davon. Für ein geschlossenes Campusnetz ist das auch nicht notwendig. Wir erklären Peering irgendwann später mal in einem anderen Artikel.

Für Satellitenverbindungen wirst du bei Eutelsat, Eusanet oder Businesscom Networks fündig. Wenn du kein Vermögen ausgeben willst, kannst du auch Elon Musk nach einem Link zu den Sternen fragen. Da gibt’s vielleicht auch gleich eine zuverlässige USV dazu.

Nachdem wir die Basis haben, widmen wir uns dem wirklich aufregenden Teil: der Topologie.

Was das Netz zusammenhält

Um aus dem Haufen Blech und Silizium, einigen unsichtbaren Frequenzen sowie dem Knäuel Kupfer bzw. Glas ein richtiges Netz zu bauen, braucht es u. a. ein Network Operating System. Was sonst alles dazu gehört, hat die Open Network Foundation übersichtlich zusammengefasst:

SDN-Enabled Broadband Access-Integration nach dem Modell der Open Network Foundation (ONF SEBA)

IP Infusion hat mit seinem OcNOS eine einheitliche Plattform für Betrieb, Orchestrierung und Automatisierung von Ende-zu-Ende-Netzwerken entwickelt. Die Cloud-fähige, offene Software-Plattform ermöglicht nahtlose Übergänge ohne Rip & Replace und eine horizontale als auch vertikale Disaggregation. Netzbetreiber profitieren von jeweils moderner Technologie, einem Best-of-Breed an standardisierten Bauteilen, Services, Schnittstellen und Plattformen sowie fortgeschrittenen Netzwerk-Integrationsdiensten.

Aufbau eines disaggregierten Ende-zu-Ende-Netzes mit OcNOS (Quelle IP Infusion)

Zentral, verteilt, remote und disaggregated

In der ORAN-Architektur werden die monolithischen Base Band Units (BBU) funktional in eine zentrale Einheit (CU, central unit) und verteilte Einheiten (distributed units, DU) aufgeteilt. Auf diese Weise lassen sich die zentrale Funktionen der Paketverarbeitung von den Basisband-Funktionen der Funkeinheiten (Radio Unit/Remote Radio Unit, RU/RRU) trennen. Es legt auch den Grundstein für weitere Aufteilungen der CU. Bei der Control User Plane Separation (CUPS) gibt es je eine separate Steuerebene (CU-CP, Central Unit – Control Plane) und eine Benutzerebene (CU-UP, Central Unit – User Plane).

Diese Entkopplung erlaubt u. a. die Implementierung hochleistungsfähiger, automatisierter Multi-Access-Edge-Compute-Clouds (MEC Cloud) oder die unkomplizierte Erweiterung mit neuen Protokollen wie SRv6 oder KI-gesteuerter bzw. ML-Anwendungen ohne immer gleich die komplette Netzinfrastruktur umkrempeln oder ersetzen zu müssen.

Noch agiler und skalierfähiger ist eine RAN Cloud. Auf einer leistungsfähigen Cloud-Plattform werden Netzfunktionen zentral abgebildet und auf universellen CPUs ausgeführt. Über Standard-Schnittstellen wie die RESTful API lassen sich – gesteuert vom RAN Intelligence Controller (RIC) – neue Dienste oder Software einfach und schnell integrieren.

Auch die Netztopologie wird disaggregiert. In klassischen Clos-Netzen (nach ihrem Erfinder Charles Clos) werden Server mit Leaf-Switches (Ingress) und jedes Leaf mit allen Spines verbunden. Exit- oder Border-Leafs bilden die Schnittstelle zum öffentlichen oder anderen Netzen (Egress).

Alt

Klassische Clos-Architektur
Klassische Clos-Netzwerk-Architektur

Neu

Folded Clos Netzwerk
Moderne Folded-Clos-Architektur

OcNOS von IP Infusion unterstützt die modernere Folded-Clos-Architektur mit Spine- und Leaf-Schichten. Folded Clos (auch Spine-Leaf-Architektur) flacht die Hierarchie weiter ab und eignet sich durch seine flache Hierarchie als Grundlage für Fat Trees. Das macht es gerade für Service-Provider und Telcos so interessant.

Demo-Time

IP Infusion hat die Leistungsfähigkeit und Einfachheit seiner Lösung auf dem Networking-Field Day 25 eindrucksvoll demonstriert:

Demo-Aufbau von IP Infusion auf dem NFD25

Die Live-Demo vom NFD25 ist als Aufzeichnung verfügbar:

GigaOm hat IP Infusion in seinem GigaOm Radar for Network Operating Systems als Leader unter allen namhaften Anbietern von Netzwerk-Betriebssystemen (NOS) und ihren derzeit verfügbaren Angeboten anerkannt.

Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung in der Bereitstellung von NOS-Lösungen garantiert die lange Tradition von IP Infusion, dass man nicht gefeuert wird, wenn man sich für dieses Unternehmen entscheidet.

CHRIS GRUNDEMANN, ANALYST, GIGAOM

Wer braucht’s?

Das Potential für Unternehmen ist immens. In Produktionsanlagen können Campusnetze mit 5G-Technologie aufwendige WLAN-Installationen ersetzen. Auch in der freien Wildbahn gibt es Bedarf. Autonome Fahrzeuge müssen Hersteller- und Netzwerkübergreifend kommunizieren und schnell und zuverlässig auf Daten aus unterschiedlichen Quellen zugreifen können – sogar über Ländergrenzen hinweg. Da ist kein Platz mehr für teure und in sich geschlossene, proprietäre Lösungen.

Ausblick

Sowohl was Technologie als auch Use Cases angeht, werden wir in den nächsten Monaten noch einiges sehen. Mit Betacom stehen die ersten 5G-as-a-Service-Anbieter in den Startlöchern. DriveNets hat gar einen eigenen Cloudstack nur für Service Provider und Telcos entwickelt und erschüttert damit die Netzwerkbranche einmal mehr.

Kerstin Mende-Stief
Kerstin Mende-Stief
Publisher & Editor in Chief data-disrupted.de | Analyst | Ghost Writer | Tech Doku & Translations @ mende.media for B2B ICT only, open source first | Cocktail Mixer | House Electrician | cat herder

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